(LOGISCHER) POSITIVISMUS

Positivismus

Der Aufstieg von Naturwissenschaften und Technik in der frühen Neuzeit veränderte das Leben. Daher kam der Wunsch auf, Prinzipien der Naturwissenschaften für die Philosophie zu nutzen. Für den Positivismus gründet Wissen nur auf "positiv gegebenen" Erfahrungen. Es gibt keine Kenntnisse über unbeobachtbare Objekte. Der Positivismus lässt sich als strenge Spielart des Empirismus auffassen. Man orientiert sich an „harten Fakten“ und Datensammlungen. Man geht davon aus, dass es eine Realität gibt und begnügt sich mit ihrer Beschreibung durch erfahrungsnahe Aussagen. Allgemeine Aussagen ohne Bezug auf konkrete Beobachtungen sind unzulässige Spekulation, da wir nicht wissen können, was sich hinter dem Sein verbirgt. (das Ding an sich, Materie, Geist oder Gott) Das Sein an sich ist unerkennbar. Aussagen darüber wären Phantasterei bzw. "Metaphysik". Typisch für den Positivismus ist der Verifikationismus, der davon ausgeht, dass man Aussagen oder Theorien nur durch Induktion gewinnt und durch Überprüfungen als vollständig richtig erweist (verifiziert). Zugkraft entwickelte der Positivismus auf dem Gebiet der Wissenschaften zuerst bei den noch jungen Geschichtswissenschaften, die sich in jener Zeit auf Materialsammlungen konzentrierten. Kritiker des Positivismus verwiesen darauf, dass die Wissenschaft auf die Herstellung von Zusammenhängen, Hypothesen und erklärende Modelle angewiesen ist. Es genügt nicht, Fakten zu sammeln und erfahrungsnahe Sätze zu bilden. Der Begründer August Comte (1798-1857)stellte sich die Reifung des Menschen als Prozess in drei Phasen vor: 1) Das religiöse Denken charakterisiert das kindliche und primitive Denken, 2) das metaphysische nach absoluter Wahrheit strebende Denken prägt den Heranreifenden und 3) das positivistische Denken den reifen Menschen. Er begründete die Soziologie, wobei er die positivistischen Prinzipien streng anwendete. Comte schuf die positivistische Religion (frz. Religion de l’Humanité), um eine Alternative zu den traditionellen Glaubens-gemeinschaften zu bieten. Die Anhänger erbauten so genannte "Menschheitstempel". Sie erlangten besonderen Einfluss in Frankreich, England und Brasilien. Bis heute gibt es dort Gemeinden. Das positivistische Motto "Ordnung und Fortschritt" taucht auf der Flagge Brasiliens (Ordem e Progresso) auf. Comte setzte damit die Gründungen zivilreligiöser Kulte fort, die mit dem "Kult der Vernunft (frz. Culte de la Raison) in der französischen Revolution begannen. Ähnlichkeiten zum Freimaurertum führten z.T. zu Vermischungen. Man kann den Kult auch als Vorläufer der Freidenker sehen. 

Der logische Positivismus 

 Eine Weiterentwicklung am Anfang des 20. Jahrhunderts stellt der logische Positivismus dar, der auch logischer Empirismus oder Neopositivismus genannt wird. Zentren dieser Denkrichtung waren der so genannte Wiener Kreis und der Berliner Kreis. Zuvor entwickelten Philosophen und Mathematiker eine an der Mathematik orientierte Logik, die eine genauere Analyse mathematischer, naturwissenschaftlicher und philosophischer Aussagen ermöglichte. Die Hinwendung zu einer genaueren Untersuchung der Sprache nennt man heute "linguistic turn". Für die logischen Positivisten beginnt Wissenschaft mit einfachen Beobachtungssätzen, den so genannten „Protokollsätzen“. Aus ihnen sollen mittels Logik und Mathematik wissenschaftliche Theorien abgeleitet werden. Die Logik, die die Regeln für den korrekten Gebrauch der Sprache enthält, und die Mathematik sind Werkzeuge, um Beziehungen zwischen diesen empirischen Sätzen herzustellen. Aussagen, die weder auf Erfahrung beruhen noch rein logischer Art sind (analytisch, bestenfalls als Erklärung), halten die Positivisten für „sinnlos“. Ob ein Satz „Sinn“ oder „Bedeutung“ hat, hängt nicht vom Gefühl ab, sondern davon, ob man einen Satz verifizieren kann, d.h. ihn als wahr oder falsch erweisen. 

Analytische Philosophie 

Schwer zu trennen von der eben genannten Richtung ist die analytische Philosophie. Emigranten aus Wien und Berlin entwickelten die Grundgedanken logischen Positivismus in Amerika und England nach dem 2. Weltkrieg weiter und verbanden sie mit der frühen Analytischen Philosophie, die dort bereits länger existierte (Russel). Das Hauptanliegen dieser Philosophie besteht darin, philosophische Probleme möglichst eindeutig und präzise zu formulieren und anschließend durch logische und begriffliche Analyse zu lösen oder nachzuweisen, dass es sich dabei um „Scheinprobleme“ handelt oder sprachliche Missverständnisse vorliegen. Man betont – genau wie die Positivisten die Ablehnung der Metaphysik und metaphysischer Aussagen als sinnlos.

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